Der Gedanke, dass KI meine tägliche Arbeit erleichtern könnte, war für mich faszinierend und beunruhigend zugleich. Angefangen hat es mit kleinen, wiederkehrenden Aufgaben, wie zum Beispiel dem Verfassen von Standard-Mails oder dem schnellen Strukturieren von Notizen. Die Effizienz war sofort spürbar und hat mich schnell überzeugt.
Heute nutze ich täglich Tools wie ChatGPT und Gemini, die besonders bei Routineaufgaben super nützlich sind. Auch beim Schreiben helfen sie sehr, allerdings setze ich KI bewusst nur am Anfang für die erste Struktur oder am Ende für den Feinschliff ein. Nutzt man die Technologie für den gesamten Prozess, geht aus meiner Sicht etwas Entscheidendes verloren: die Seele des Textes.
Die Einführung von KI war bei uns kein klassisches Projekt mit Kick-off und Go-live, sondern ein fortlaufender Lernprozess – offen, neugierig und (ich gebe’s zu) manchmal auch ein bisschen chaotisch. Angefangen hat alles mit einer internen KI-Challenge, die uns im ganzen Haus neugierig gemacht hat. Nach ersten kleinen Demos folgten immer wieder neue Aufgaben: das Ausprobieren von Prompts, das gemeinsame Lösen von Teamaufgaben mit KI oder kleine Challenges, bei denen wir gezielt neue Tools getestet haben. Daraus sind regelmäßige Lern-Sessions entstanden – mal mit dem gesamten Team, mal in kleineren Breakout-Gruppen. In kurzen Demos haben wir gezeigt, was wir ausprobiert oder gebaut haben, uns gegenseitig Feedback gegeben und voneinander gelernt. Diese gemeinsame Lernkultur hat sich schnell als der eigentliche Schlüssel erwiesen: KI funktioniert nicht durch den Kauf einer Lizenz, sondern durch das gemeinsame Entdecken und Ausprobieren.
Seit die KI Einzug in meinen Alltag gehalten hat, hatte ich anfangs das Gefühl, denkfaul zu werden.
Seit die KI Einzug in meinen Alltag gehalten hat, hatte ich anfangs das Gefühl, denkfaul zu werden. Irgendwie ein beunruhigender Gedanke. Doch bei genauerer Betrachtung habe ich mich dann gefragt: Stimmt dieses Narrativ wirklich?
Ich glaube vielmehr, dass sich die Art und Weise unseres Denkens lediglich verschiebt. Die besten Ergebnisse erziele ich, wenn ich meiner KI eine klare Rolle zuweise (zum Beispiel die eines Organisationsentwicklers) und ihr zusätzlich ein spezifisches Modell, eine Theorie oder sogar einen Stil vorgebe, in dem sie antworten soll. Etwa im Stil des systemischen Beraters Stefan Kühl oder des ebenso brillanten wie humorvollen Hypnosystemikers Gunther Schmidt.
Der entscheidende Punkt ist: Die Modelle, Theorien und Personen, auf die ich mich beziehe, muss ich selbst zumindest im Kern kennen und ansatzweise verstanden haben. Die KI blind nach Vorlagen zu fragen, ist zwecklos. Entweder kennt sie diese nicht präzise genug, oder, falls doch eine plausible Antwort kommt, fehlt mir die Grundlage, um die Qualität und die Richtigkeit des Ergebnisses zu bewerten.
Ich denke also nicht weniger, sondern anders.
Die Möglichkeit, der KI eine spezifische Rolle und ein theoretisches Framework vorzugeben, hat meinen Workflow auf jeden Fall verändert.
Ein konkretes Beispiel: Vor einer umfassenden Workshop-Reihe fordere ich die KI auf, „als systemischer OE-Berater eine 2-tägige Workshop-Struktur zum Thema Purpose zu entwerfen, die Elemente des St. Galler Management-Modells berücksichtigt.“
Die KI liefert in kürzester Zeit einen Entwurf, der als solide Grundlage dient.
Entscheidend ist jedoch meine anschließende Aufgabe: Ich prüfe die Vorschläge, hinterfrage die Didaktik kritisch aus systemischer Perspektive und passe die Interventionen an die spezifische Unternehmenskultur an.
Ein weiteres Beispiel ist das Brainstorming von Interventionen: Ich bitte die KI, mir „fünf hypnosystemische Interventionen für ein Team im Konflikt zu liefern, formuliert im Stil von Gunther Schmidt.“ Die Antworten sind oft kreativ, aber erst mein Fachwissen ermöglicht es mir, zu beurteilen, welche davon in der Praxis ethisch vertretbar, kulturell passend und letztlich wirksam sind.
Für mich ist die KI ein wertvoller Assistent. Nicht mehr und nicht weniger. Und wie ein menschlicher Assistent ist er nur in bestimmten Bereichen eine wirkliche Hilfe. Das Denken wird mir nicht abgenommen. Ein tiefes Fachwissen bleibt also unabdingbar, ja es gewinnt sogar an Bedeutung, da es zur entscheidenden Prüfinstanz für die von der KI generierten Ergebnisse wird.
Mein Fazit lautet daher: Lasst uns bei aller Faszination für die neue KI-Welt den Fokus gezielt auf die menschlichen Fähigkeiten legen, die auf absehbare Zeit unersetzlich bleiben und lasst uns diese weiter “ausbauen”: